Freitag, 12. Dezember 2014

Winterzeit ist Pinkel- und Grünkohlzeit



Wahre Grünkohl-Liebhaber freuen sich auf die Zeit von Oktober bis Februar, denn dann ist in Norddeutschland Grünkohlsaison. Während im Nordosten zu dem Wintergemüse eher die Bregenwurst [1] gegessen wird, bevorzugen die Leute im Nordwesten die Pinkel, eine geräucherte, grobkörnige Grützwurst.
Für alle, die sich jetzt fragen, wieso ein Grünkohlessen eine eigene Wurst bekommt, hier eine kurze Einführung in den norddeutschen Brauch: Traditionell wird vor dem winterlichen Grünkohlessen eine „Kohlfahrt“ veranstaltet. Dabei handelt es sich meistens um einen Ausflug in die Natur – samt Bollerwagen und warmen Getränke gegen die kalten Temperaturen. Während der Wanderung halten sich die Teilnehmer mit kleinen Spielen bei Laune, wie zum Beispiel dem sogenannten Klootschießen. Am Ende der lustigen Tour wartet dann ein deftiges Grünkohlessen.

Und was gehört wohl zu einem ordentlichen Grünkohlessen neben Kartoffeln dazu? Klar, eine deftige Wursteinlage – sei es Pinkel oder Bregenwurst – Hauptsache sie ist im Naturdarm. Diese leckeren Wurstspezialitäten werden prinzipiell nur im Winter und nur für das Grünkohlessen produziert. Falls sich der eine oder andere Nicht-Norddeutsche jetzt denkt: „Hey, das will ich auch mal ausprobieren“, muss sich darauf einstellen, dass es schwer wird die wurstige Beilage zu bekommen. Die Wurstspezialitäten findet man fast nur in den Regionen, in denen so ein winterliches Grünkohlessen üblich ist.
Die Pinkel besteht zu einem großen Teil aus Grütze von Gerste oder Hafer, Speck, Schweineschmalz, Rindertalg, Zwiebeln und Gewürzen. Die genaue Zusammensetzung ist von Mal zu Mal unterschiedlich und ist bei den Schlachtern ein strenges Betriebsgeheimnis. Traditionell werden Naturdärme vom Schwein oder Rind als Wursthülle verwendet.
Bleibt noch die Frage wieso es nun eigentlich Pinkel heißt. Meinungen und Ideen dazu gibt es viele. Für die Einen bedeutet Pinkel so viel wie zusammengedrängte Masse oder kurzer, dicker Gegenstand [2]. Andere behaupten jedoch, dass sich Pinkel von Pinker ableitet. Pinker war früher lediglich eine andere Bezeichnung für Naturdarm.
Übrigens: Ein berühmtes Grünkohlessen findet in Berlin in der Niedersächsischen Landesvertretung statt. Dort wird jedes Jahr zum „Defftig Ollnborger Grööönkohl-Äten“ eingeladen.


[1] Im östlichen Norddeutschland isst man traditionell Bregenwurst zum Grünkohl.
[2] Matthias Hoefer: Etymologisches Wörterbuch der in Oberdeutschland vorzüglich aber in Oesterreich üblichen Mundart. 1815, S. 335.

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